Presse

Presseaussendung - Bauern sind die mit Abstand reichste Berufsgruppe/Reiche schummeln gerne

25.01.19

Quelle:Stadard 15.01.2019

 

Bauern sind die mit Abstand reichste Berufsgruppe/Reiche schummeln gerne (Beilage)

So titelt der heutige „Standard" unter Bezugnahme auf eine Studie der Österreichischen Nationalbank (OeNB) -das ist ein starkes Stück! Offensichtlich vermischt die Studie Grund und Boden, der ja bekanntlich bäuerliche Betriebsmittel darstellt, mit freiem privatem Vermögen und erlaubt sich dabei noch, auf dieser verzerrenden Basis einen Vergleich zwischen Berufsgruppen anzustellen. Von der systemischen Schwäche eines Vergleichs auf Basis von Median Werten ganz zu schweigen (die unter dem Medianwert liegende Hälfte hat wenig vom angeblichen Reichtum der anderen). Auch wird das Faktum, dass trotz dieser unangebrachten Betrachtungsweise bei einem Medianwert von EUR 896.5 die Bauern insgesamt nur 1 % des Gesamtvermögens halten, nicht weiter kommentiert.
Selbst Arbeitslose halten bei dieser Betrachtung mit 4.9 % fast fünf Mal so viel Vermögen wie die Bauern!!! Aha, weil es trotz des angeblichen Reichtums immer weniger Bauern gibt; der Standard selbst hat gerade am 11. Jänner.2019 vom Bauernsterben berichtet; nur zur Erinnerung: im Zeitraum der letzten Jahre haben in Österreich 19.000 Bauernhöfe geschlossen (täglich 8 Betriebe).
Warum dieser Widerspruch?  Als Milchbauer im Oberösterreichischen Alpenvorland suche ich bei laufendem Betrieb weiter meinen Reichtum und verzichte dabei auf Urlaub, arbeite mit meiner Familie 365 Tage, inklusive jeden Feiertag, mehr als 12 Stunden am Tag (die Kühe wollen auch zu Weihnachten gemolken werden); die Preise der landwirtschaftlichen Produkte, vor allem bei Milch, liegen dabei mit dzt. 35 Cent pro Liter, auf dem Niveau vor 40 Jahren (ohne Inflationsabgeltung); das heißt auch, dass zum Vergleich einer durchschnittlichen Handwerkerstunde von bis zu €140 - ca 400 Liter Milch zum Bauernpreis erforderlich sind; soweit zum Berufsgruppenvergleich; jeder Milchbauer würde sich über einen Preisanstieg seiner Produkte im Bereich der kollektivvertraglichen Lohnabschlüsse von 2 bis 4 % freuen.

Einkommen und privat verwertbares Vermögen entsteht aus dem laufenden Betrieb und nicht aus der Bewertung der Betriebsmittel, also vor allem Grund und Boden.
Wie bei jedem Unternehmen kann dieser Wert für private Ausgabenzwecke nur bei Betriebsliquidation erzielt werden, sofern dieser Wert nach Abzug der Schulden noch positiv ist, was bei kleineren Betriebsgrößen, also unterhalb des glorreich publizierten  Medianwertes nicht unbedingt gegeben ist.
Es ist also tatsächlich nicht verwunderlich, dass Bauern zunehmend genau diesen Vorgang wählen und ihre Substanz liquidieren; Grund wird verkauft, die oftmals zu recht, auch unter Klimaaspekten beklagte Verbauung und Bodenversiegelung ist die logische Folge.
Der Standard selber berichtet im Artikel vom 11. Jänner.2019, dass ein Drittel der Agrarbetriebsleiter älter als 65 Jahre ist. Verständlich: Hoferbe zu sein ist schon lange kein Glück mehr, sondern eine Belastung, insbesondere im Quervergleich mit anderen Berufsgruppen und der sozialen Situation der Gesellschaft allgemein.

Dann als „reichste Berufsgruppe dargestellt zu werden ist eine Verzerrung der Sonderklasse. Man kann keinem Hoferben verübeln, wenn er sich mit den, in manchen Teilen der Landwirtschaft gegebenen Umständen nicht zufrieden gibt/geben kann und „aufhört". Meist lebt er dann besser als zuvor. Die vielzitierten Förderungen (Ausgleichszahlungen) ändern diese Situation nicht grundlegend und sichern gerade kleineren Betrieben kein adäquates Einkommen (deshalb die hohe Zahl an Nebenerwerbsbetrieben).
Logischer Strukturwandel werden manche sagen - das ist Selbstaufgabe, sage ich! Nicht nur für die betroffenen Familien; auch Selbstaufgabe der viel beworbenen Kulturlandschaft, die wir aber (noch) im Tourismus verkaufen; Selbstaufgabe eines Mindestmaßes an Selbstversorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln- Widerspruch zu jeglichem Regionalitätsprinzip- dass auch in der Klimapolitik angestrebt wird und anzustreben ist; wir wollen CO2 sparen und transportieren Unmengen sinnlos quer durch die Welt um das viel strapazierte Überschussargument aufrecht zu erhalten. Die CO2 Belastung ist nicht in den Preisen, von schädlichen Regenwaldrodungen (Stichwort Palmöl) ganz zu schweigen, eingepreist.

Eine nachhaltige Lösung der Situation kann nur über eine Korrektur des ruinösen, von Diskontern und Handelsketten getriebenen, Preisgefüges für bäuerliche Produkte erfolgen.

Viele Konsumenten Teilen im Übrigen diese Sicht uneingeschränkt. Es ist erfreulich, dass im Durchschnitt nur mehr ca. 6% des Gesamteinkommens für Lebensmittelversorgung erforderlich sind, im Vergleich zu 35 % vor ca. 40 Jahren.
Dies ist jedoch kein nachhaltig haltbarer Zustand und wir sind dabei den Ast abzusägen, auf dem wir sitzen. Wo ist also der Sinn der Aussage in der vom Standard zitierten OeNB Studie? Ist den Studienautoren hier ein peinlicher Systemfehler unterlaufen und man hat Betriebskapital mit frei verfügbarem Privatvermögen vermischt- oder wird eine politische Lanze gebrochen zur Unterstützung vom Vermögenssteuern und Erhöhung der Einheitswerte!
Beides wäre bei der angeblich unabhängigen und höchstqualifizierten OeNB ein Skandal! - Es sei denn, der Standard hätte völlig falsch berichtet - auch das wäre ein Skandal so Steinbichler abschließend.


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